Im Inneren des Glutofens 

 VLT Survey Telescope gelingt Aufnahme des Fornax-Galaxienhaufens

   
Dieses neue Bild des VLT Survey Telescope (VST) am Paranal-Observatorium der ESO in Chile zeigt eine beeindruckende Anhäufung von Galaxien, die als Fornax-Galaxienhaufen bezeichnet wird und sich im Sternbild Chemischer Ofen (lat. Fornax) in der südlichen Hemisphäre befindet. Der Galaxienhaufen beheimatet eine Menagerie aus Galaxien aller Arten und Größen, von denen manche Geheimnisse zu verbergen haben.
Galaxien sind wie es scheint kontaktfreudige Wesen die sich gerne in großen Gruppen versammeln, sogenannten Galaxienhaufen. Tatsächlich ist es die Gravitation, deren Anziehungskraft durch die großen Mengen Dunkler Materie und sichtbaren Galaxien entsteht, die sie in dem Haufen als Einheit eng zusammenhält. Solche Galaxienhaufen können zwischen etwa 100 und 1000 Galaxien enthalten und sich über etwa 5 bis 30 Millionen Lichtjahre erstrecken.
Galaxienhaufen sind nicht klar begrenzt, so dass es schwierig ist, zu bestimmen, wo genau sie beginnen und enden. Astronomen konnten jedoch abschätzen, dass das Zentrum des Fornax-Galaxienhaufens in einer Region liegt, die 65 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Genauer weiß man dagegen, dass er knapp sechzig große Galaxien enthält, sowie eine vergleichbare Zahl an Zwerggalaxien. Galaxienhaufen wie dieser sind typisch für das Universum und machen den starken Einfluss der Gravitation über große Distanzen deutlich, da sie die enormen Massen vieler einzelner Galaxien in einer Region vereinigen.
Im Zentrum dieses besonderen Haufens, in der Mitte der drei hellen verschwommenen Tropfen, befindet sich etwas, das als cD-Galaxie bezeichnet wird – ein galaktischer Kannibale. cD-Galaxien wie die hier gezeigte NGC 1399 sehen elliptischen Galaxien ähnlich, sind jedoch größer und haben eine ausgedehnte, lichtschwache Hülle [1]. Der Grund dafür ist, dass sie gewachsen sind, indem sie kleinere Galaxien verschluckt haben, die durch die Gravitation in Richtung des Zentrums des Galaxienhaufens gesaugt wurden [2].
In der Tat gibt es Anzeichen dafür, dass dieser Prozess vor unseren Augen stattfindet – wenn man sehr genau hinschaut. Die jüngsten Arbeiten eines Astronomenteams unter der Leitung von Enrichetta Iodice vom INAF – Osservatorio di Capodimonte im italienischen Neapel [3] hat anhand der Daten vom VST der ESO eine sehr schwache Lichtbrücke zwischen NGC 1399 und der kleineren Galaxie NGC 1387 zu seiner rechten zu Tage gebracht. Diese Brücke, die bisher noch nie beobachtet werden konnte (und zu lichtschwach ist, um auf diesem Bild aufzutauchen), ist etwas blauer als beide Galaxien, was darauf hindeutet, dass sie aus Sternen besteht, die in dem Gas entstanden sind, das durch die Anziehungskraft von NGC 1399 von NGC 1387 weggesaugt wurde. Obwohl es insgesamt kaum Hinweise auf anhaltende Wechselwirkungen in dem Fornax-Galaxienhaufen gibt, scheint es, als werde NGC 1399 zumindest weiterhin von seinen Nachbarn gefüttert.
In der unteren rechten Ecke des Bildes befindet sich die große Balkenspiralgalaxie NGC 1365. Sie ist mit dem markanten Balken, der sich quer durch den zentralen Kern der Galaxie erstreckt, und den Spiralarmen, die aus den Balkenenden hervorragen, ein eindrucksvolles Beispiel ihrer Art. Wie bei Haufengalaxien üblich, gibt es bei NGC 1365 auch Dinge, die einem nicht ins Auge stechen. Sie ist als Seyfert-Galaxie klassifiziert und besitzt einen hellen Aktiven Galaktischen Kern, der auch ein supermassereiches Schwarzes Loch in seiner Mitte beinhaltet.
Dieses eindrucksvolle Bild wurde mit dem VLT Survey Telescope (VST) am Paranal-Observatorium der ESO in Chile aufgenommen. Mit einem Durchmesser von 2,6 Metern ist das VST vom heutigen Standpunkt aus beileibe kein großes Teleskop, allerdings ist es speziell dafür entworfen worden, großflächige Durchmusterungen des Himmels durchzuführen. Die OmegaCAM, eine riesige 256-Megapixel-Kamera mit korrigiertem Sichtfeld, die speziell für die Durchmusterung des Himmels entwickelt wurde, macht es zu etwas Besonderem. Mit dieser Kamera kann das VST schnell tiefe und großflächige Bilder des Himmels aufnehmen, und überlässt es den wirklichen großen Teleskopen – wie dem Very Large Telescope (VLT) der ESO – die Details von Einzelobjekten zu untersuchen.
Endnoten

[1] Das Bild deckt nur die zentrale Region des Fornax-Galaxienhaufens ab; er erstreckt sich über eine größere Region des Himmels.
[2] Die zentrale Galaxie ist meistens die hellste Galaxie in einem Haufen, allerdings liegt in diesem Fall die hellste Galaxie, NGC 1316, am Rand des Haufens, etwas außerhalb der Fläche, die von diesem Bild abgedeckt wird. Auch bekannt als Fornax A, stellt sie eine der stärksten Quellen für Radiowellen im Himmel dar. Die Radiowellen, die mit speziellen Teleskopen gesehen werden können, die für diese Art der Strahlung empfindlich sind, entstammen zwei gewaltigen Zipfeln, die sich auf beiden Seiten der sichtbaren Galaxie weit in den Weltraum erstrecken. Die Energie, die die Radioemission antreibt, stammt aus einem supermassereichen Schwarzen Loch, das im Zentrum der Galaxie schlummert und zwei entgegengesetzte Jets aus hochenergetischen Teilchen emittiert. Diese Jets verursachen die Radiowellen, wenn sie das verdünnte Gas in dem Raum zwischen den Galaxien und dem Haufen durchpflügen.
[3] “The Fornax Deep Survey with VST. I. The extended and diffuse stellar halo of NGC1399 out to 192 kpc” von E. Iodice, M. Capaccioli , A. Grado , L. Limatola, M. Spavone, N.R. Napolitano, M. Paolillo, R. F. Peletier, M. Cantiello, T. Lisker, C. Wittmann, A. Venhola , M. Hilker , R. D’Abrusco, V. Pota, und P. Schipani ist im Astrophysical Journal erschienen.

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